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Säkularisation kann Scheyern nichts anhaben

Skizze einer Turmspitze
Gelbes Gebäude

Als die Grafen von Scheyern ihre Stammburg in ein Kloster umwandelten und sich ab 1119 die ersten Benediktinermönche dort ansiedelten, könnte wohl eine kleine Brauerei in der Burganlage schon vorhanden gewesen sein. Nachweislich Bier wurde hier mit Gründung des Klosters gebraut, wie die ältesten Abgabe-

verzeichnisse belegen, in denen Hopfen aufgeführt ist, den man zum Bierbrauen benötigte. Allerdings wäre es vermessen davon zu sprechen, dass es damals schon eine nach heutigem Verständnis richtige Brauerei in Scheyern gegeben hätte, denn gebraut wurde neben der Küche und ausschließlich für den Eigenbedarf der Mönche und ihrer Bediensteten. Daran änderte sich in Scheyern

lange nichts, denn die Menschen in Bayern sprachen in jener Zeit vor allem dem Wein zu. Der Bierdurst erwachte erst langsam, weshalb es in Scheyern auch bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts dauerte, ehe die alte Brauerei zu klein wurde und ein neues Brauhaus errichtet werden musste. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass man sich bereits in dieser frühen Zeit Gedanken über die Bierqualität machte. So versucht die

Dienstbotenordnung von Abt Paulus Preu schon vor 1500 die gute Qualität des Klosterbieres festzuschreiben. Vom Braumeister

werden darin „Aufrichtigkeit und Gemundlichkeit“ in der Bierherstellung verlangt. Dies sollte sich auszahlen, denn die Nachfrage nach dem Scheyrer Bier nahm weiter so stark zu, dass bereits um 1520 die Brauerei vergrößert werden musste.

Die wachsende Zahl der Wallfahrer und Besucher des Klosters führte dazu, dass gegen Ende des 16. Jahrhunderts neben dem Ausschank in der Brauerei eine eigene Tafernwirtschaft errichtet wurde, die so ganz

nebenbei auch den Zweck erfüllte, dass die fröhlichen Zecher in gebotenem Abstand vom Kloster gehalten wurden. Dass der

Gerstensaft der Benediktiner sich so großer Beliebtheit erfreute, gefiel aber nicht allen in der Gegend. So ist aus dem 18. Jahrhundert ein umfassender Schriftwechsel erhalten, der dokumentiert, dass vor allem die Brauer aus dem nahen Pfaffenhofen gegen den angeblich zu billigen Bierverkauf des Klosters klagten – allerdings ohne Erfolg. In diesen Tagen erwirtschaftete denn auch die Brauerei für das Kloster den größten Ertrag aller Eigenbetriebe. Als 1803 in Folge der Säkularisation alle Klöster in Bayern aufgehoben wurden, ging der Betrieb der Klosterbrauerei aber ohne Einschränkung weiter. Drei Jahre später wurde die Brauerei mitsamt der kompletten

Klosteranlage von der Brauerfamilie Stängl erworben, was aber nicht der einzige Besitzerwechsel war, ehe König Ludwig I. im Jahr 1838 das Klosterleben in Scheyern wieder ermöglichte. Die Brauerei befand sich in jenen Tagen nach wie vor in den im 16. Jahrhundert geschaffenen Räumlichkeiten innerhalb des Klosterhofs – ein Zustand, der auch mit

fortschreitender Technologisierung immer untragbarer wurde. Im Jahr 1929 entschlossen sich die Benediktiner deshalb nach langer

Beratung dazu, ein neues Brauhaus vor den Toren des Klosters zu errichten – dort wird noch heute das Scheyrer Bier gebraut.

Drei Männer begutachten eine Pflanze
Brauhaus

Nach dem 2. Weltkrieg stürzte die Brauerei dann in die schwerste Krise seit ihrem Bestehen: Menschliche Differenzen unter den klösterlichen Braumeistern und der starke Druck durch die umliegenden Großbrauereien führten dazu, dass man sich 1951 zur letztlich 50 Jahre währenden Zusammenarbeit mit der Hasen- Brauerei aus Augsburg entschied. Bereits in den 1960er Jahren zeichnete sich aber der Niedergang der Scheyrer Brautradition ab, weil Hasen-Bräu als Pächter nicht in der Lage war, die dringend erforderlichen Investitionen in eine neue Brautechnik zu tätigen. Die Folge war eine sukzessive Verlagerung der Brautätigkeit nach Augsburg, bis 1991 in Scheyern überhaupt nicht mehr gebraut wurde. Als sich das nahende Ende des bis zum Jahr 2001 laufenden Pachtvertrags mit der Hasen-Brauerei, die damals selbst schon zu

Tucher-Bräu in Nürnberg gehörte, abzeichnete, wurden im Kloster jene Stimmen immer lauter, die forderten, dass man die Brauerei

wieder selbst betreiben müsse. Diese Stimmen in den Reihen der Scheyrer Mönche haben sich letztlich durchgesetzt: Erst wurde die Brauerei saniert und dann mit modernster Technik ausgestattet, ehe am 21. März 2006, dem Festtag des hl. Benedikt, die erste

Bierwürze in den neuen Gärkeller gepumpt werden konnte. Am 1. Mai 2006 folgte dann die Wiedereröffnung der Klosterbrauerei

Scheyern, deren Biere sich seither weit über den Ort hinaus einen hervorragenden Ruf erworben haben. Der hl. Benedikt wird den

1. Mai 2006 wohl als besonderen Festtag notiert haben, weil seit diesem Tag das „labora“seiner Ordensregel in Scheyern mit neuem, die Menschen erfreuendem Leben erfüllt wird. Aufgrund der großen Nachfrage wird auch Klosterbier unter Vorgabe der Rezeptur und strenger Kontrolle bei der Tucher Bräu in Nürnberg eingebraut und von dieser überregional vertrieben.

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